Auf dieser Erde ist im Laufe der Zeit eine beeindruckende Vielfalt an Lebewesen entstanden. So sind heute etwa zwei Millionen Arten bekannt und beschrieben worden. Es gibt aber noch viel mehr unentdeckte Arten auf unserem Planeten. Forscher*innen gehen von mindestens zehn Millionen Arten aus! Diese immense Fülle ist für uns Menschen ein kostbares Gut, denn ohne den Artenreichtum wäre unser Leben, so wie wir es kennen, gar nicht möglich, ja unvorstellbar:
Sobald auch nur eine Art ausstirbt, hat das Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem, in welchem diese Art gelebt hat. Ein Ökosystem – das ist die Lebensgemeinschaft aller Lebewesen in ihrer Umwelt, in ihren Lebensräumen oder Biotopen. Dieses Zusammenleben gestaltet sich meistens sehr komplex und ist gar nicht so einfach zu durchschauen. In den vergangenen Wochen haben wir bereits über Biodiversität geschrieben, die die Vielfalt der Ökosysteme, die Vielfalt der Arten und die Vielfalt innerhalb der Arten umfasst. Was Biodiversität ist und einen Kommentar dazu kannst du gern nachlesen.
Ein Beispiel: Die Feldlerche war bis zum Ende des 19. Jahrhunderten noch so häufig, dass sie gefangen und verzehrt werden konnte, sogar zur kulinarischen Spezialität einer Region avancierte (Leipziger Lerchen). Heute ist die Art in Deutschland gefährdet und vielerorts der einzige Singvogel, der noch auf Ackerflächen wie beispielsweise Getreidefeldern überleben kann. Der Gesang der Männchen ist weithin zu hören. Ihre Reviere werden immer größer, diese Vögel mithin immer seltener. Blütenpflanzen gibt es in den Getreideschlägen schon lange nicht mehr. Werden die letzten dort noch lebenden Schad-Insekten wie Blattläuse, Fliegenarten, Getreidehähnchen und Kleinschmetterlinge, Wanzen und Zikaden wirksam bekämpft, finden Laufkäfer und Spinnen keine Nahrung. Mit all diesen Kleinlebewesen, sogar mit Nacktschnecken und Würmchen müssen die Lerchen ihre Küken füttern, denn nur die ausgewachsenen Vögel können sich auch pflanzlich ernähren. Mit Schutz- und Artenhilfsmaßnahmen versucht der Mensch nun, die Lerchen-Bestände zu fördern, legt Lerchenfenster an und lässt Flächen absichtlich unbehandelt, unbestellt, brachfallen.
Gibt es in einer Landschaft weniger Insekten, hat das unmittelbare Auswirkungen auf die Vögel und auf die Fledermäuse, die sich von diesen Tieren ernähren. Insekten bestäuben auch Blütenpflanzen, die erst dann Samen und Früchte bilden können. Ein einziges Honigbienenvolk mit rund 20.000 Flugbienen kann pro Tag drei Millionen Obstblüten bestäuben. Die Honigbiene ist eine (1) Art. In Deutschland gibt es neben dieser einen rund fünfhundertfünfzig (550) Wildbienenarten! Auch die Hummeln gehören dazu. Weil die Zahl der Bienen immer weiter zurückgeht, müssen in einigen Teilen der Welt bereits Menschen die Bestäubung übernehmen: mit Wattebäuschchen und Pinseln werden die Obstbäume per Hand bestäubt, damit überhaupt Früchte geerntet werden können.
Wir alle können, auch du kannst dazu beitragen, den Verlust an biologischer Vielfalt zu stoppen, damit unsere Natur und Umwelt, damit wir nicht noch weiter verarmen, damit heute seltene Arten wieder häufiger werden, damit sich auch künftige Generationen am jubilierenden Gesang der Feldlerchen, am schaukelnden Flug schillernder Schmetterlinge erfreuen können und sich ungestraft ein Sträußchen bunter Feldblumen für die Vase pflücken können. Das wird nicht nur unser Leben bereichern, das unserer Kinder und Enkel, es wird einen Wendepunkt in der Geschichte markieren!
Mit dem Anbau alter Sorten und mit der Anwendung traditioneller Anbaumethoden begibst du dich auf den richtigen Weg. Du leistest damit einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der Vielfalt – wie toll! Du baust alte Gemüsesorten an, wo vorher (eventuell) gar nichts gewachsen ist, verzichtest dabei auf Kunstdünger und auf die Anwendung synthetischer Pflanzenschutzmittel. So förderst du in deinem persönlichen Umfeld die Vielfalt der kleinen und der großen Lebewesen, die alle darauf angewiesen sind, dass wir Menschen nicht nur immer wieder ganz anders, völlig neu- oder einfach nur umdenken, sondern endlich auch beherzt handeln: Achtsam und behutsam, rücksichtsvoll, Tag für Tag.